Der SVW steht vor dem letzten Spieltag ebenso in den Party-Startlöchern wie der SV Mietingen in der A 2, die TSG Achstetten II in der B 1 und die SF Bronnen in der B 2. In Sachen Geduld sind die Sportfreunde inzwischen wahre Experten. Abgesehen davon, dass sie sich bis vor einer Woche Zeit ließen, um erstmals die Spitzenposition zu erobern, so schafften sie am vergangenen Sonntag im Schlagerspiel gegen den FC Bellamont erst in der 83. Minute den 1:1-Ausgleich. Dieses eine Tor von Martin Locherer hatte für beide Teams wohl nachhaltige Folgen: Bronnen blieb Erster und verhinderte den Sturz auf Rang 3, den der bis vor kurzem noch an der Spitze thronende FCB in Kauf nehmen musste. "Wenn man so spät den Ausgleich schafft, ist die Erleichterung natürlich riesig", gestand SFB-Trainer Erich Kraus, der das Remis als "gerechtes Resultat" empfand: "Bellamont war in der ersten Halbzeit stärker, wir in der zweiten. Auf jeden Fall waren beide Mannschaften sehr nervös."
Was kein Wunder war, schließlich stand viel auf dem Spiel, das dazu noch mit über einer Stunde Verspätung begonnen hatte. Der Grund: Bereits zum zweiten Mal in dieser Saison warteten die Sportfreunde und ihr Gegner vergeblich auf den eingeteilten Schiedsrichter. Erst nach zahlreichen Telefonaten konnte Ersatz beschafft werden: Landesliga-Referee Joachim Gutzer aus Laupheim, am Vormittag noch bei einer anderen Partie im Einsatz, sprang kurzfristig in die Bresche - und machte seine Sache gut. Und der eingeteilte Kamerad? Er irrte zu dieser Zeit angeblich verzweifelt im Raum Reutlingen umher. Beim Routenplaner im Internet habe er "Bronnen" eingegeben, erzählte Hüseyin Bal von der Gruppe Ulm, und der virtuelle Ratgeber habe ihm den Weg nach einem anderen Bronnen gewiesen. "Das tut mit sehr leid, das ist mir noch nie passiert", entschuldigte sich Bal, der sich schon auf das Spitzenspiel gefreut hatte: "Ich wusste, worum es geht, und ich war heiß auf dieses Spiel."
Auch beim FC Bellamont wusste man natürlich, worum es geht: Ein Sieg musste her, sonst droht der angepeilte Aufstieg in die Kreisliga A auszufallen. Wieder einmal, wie schon in den Jahren zuvor: Sechster war der FCB im Sommer 2002, Dritter 2003, Vierter vor einem Jahr - und 2005? Womöglich wieder Dritter, danach sieht es im Moment aus. Die Chance, in der Tabelle noch auf den zweiten Platz oder an die Spitze vorzurücken, sei "gering", sagt Bellamonts Abteilungsleiter und Torwart Bruno Wohlhüter. Dagegen sprächen die Begegnungen des letzten Spieltags: Tabellenführer Bronnen gegen Inter Laup-heim, die zweitplatzierten SF Sießen gegen Reute - es wäre in der Tat eine Überraschung, wenn auch nur einer aus dem Spitzenduo noch straucheln sollte. Einen Gedanken schenkt Wohlhüter aber doch dem fast Undenkbaren - schließlich ist im Fußball jederzeit und überall etwas möglich. "Man hat das in der Bundesliga gesehen", so der FCB-Schlussmann. "Wer hätte gedacht, dass Werder Bremen noch den Sprung in die Champions League schafft?" Die Hanseaten packten es aber doch - am letzten Spieltag.
Die Hoffnung kann die Enttäuschung in Bellamont aber nicht überdecken. So nah war der FCB schon an die Kreisliga A gerückt, bis zum vorvergangenen Sonntag war man Tabellenführer und hatte sich mit einem 9:3-Sieg gegen Hochdorf auf die letzten drei Spieltage eingeschossen. Dann kamen die Spiele in Haslach und eine Woche später in Bronnen. "Wir haben es selbst verbockt, wir hätten in Haslach nicht verlieren dürfen", so Bruno Wohlhüter. Und in Bronnen keine Punkte abgeben. Lange sah es auch danach aus, dass Bellamont als Sieger vom Platz gehen würde, doch dann glichen die Gastgeber noch aus. "Ein unglückliches Gegentor, danach ging bei uns nichts mehr", sagt der Torwart.
Besonders weh tat es ihm wegen der Fans, die so zahlreich wie bei kaum einem anderen Klub mit dem FCB durch die Lande reisen. "Den Zuschauern wollen wir im letzten Spiel noch was bieten", kündigt Wohlhüter einen furiosen Saisonausklang nächsten Samstag gegen Hürbel an. Eine noch so gute Partie und ein noch so überzeugender Erfolg wird den FC Bellamont und seine Fans aber nicht glücklich stimmen - es sei denn, auf zwei anderen Sportplätzen geschieht etwas, mit dem die wenigsten noch rechnen. Dann herrscht in Bellamont wohl Stimmung wie bei einem 50. Geburtstag und einer Meisterfeier zusammen.